Ein Marshallplan für Kolumbien
Ein Marshallplan für den Frieden: So nennt Präsident Juan Manuel Santos den Fonds, den europäische Länder und die USA angeblich mit Geld füllen wollen, um den kolumbianischen Friedensprozess zu unterstützen.
Ein Marshallplan für den Frieden: So nennt Präsident Juan Manuel Santos den Fonds, den europäische Länder und die USA angeblich mit Geld füllen wollen, um den kolumbianischen Friedensprozess zu unterstützen.
Man nennt sie auch frontier markets, Grenzmärkte. Gemeint sind Länder, in denen die Rahmenbedingungen für Investoren nicht so sicher sind wie in den Industrieländern, die aber mindestens so stabil sind, dass sie Geschäfte erlauben. Frontier markets sind Entwicklungsländer, die den Status eines Schwellenlands noch nicht erreicht haben.
Der Begriff klingt ein wenig nach Wildem Westen, und vermutlich ist das kein Zufall. Tatsächlich werden in vielen frontier markets Geschäfte oft ohne Rücksicht auf die lokalen Einwohner abgeschlossen, und die Rechte ortsansässiger indigener Gemeinschaften scheinen besonders wenig ernst genommen zu werden.
Wer als Tourist nach Kolumbien fährt, wird auch die alte Hafenstadt Cartagena de Indias in der Karibik besuchen. In Cartagena gibt es eine weitgehend intakte koloniale Altstadt, tolle Strände und direkt am Meer neue Bauten, die aussehen, als stünden sie in Miami.
In einer Sache scheinen die linken Regierungen Lateinamerikas besonders erfolgreich zu sein: Im Kampf gegen den Hunger.
In Europa redet keiner mehr vom famosen Dritten Weg, den einst Tony Blair und Gerhard Schröder beschreiten wollten. In Deutschland hat das vermutlich auch mit den ungeliebten Hartz-Reformen Schröders zu tun. Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos aber holt das alte Konzept jetzt wieder aus der Mottenkiste.
Empfehlung: Al Jazeera hat einen guten Überblick über die möglichen Folgen von Juan Manuel Santos‘ Wiederwahl:
Im Volksmund heißt das Viertel Voto Nacional in Bogotá die Bronx. Hier leben Gestrandete: Drogensüchtige, Flüchtlinge des Bürgerkriegs – Leute, die jeden Tag neu um ihr Überleben kämpfen müssen. Darío Echeverri ist ihr Pfarrer. Sich um die Armen zu kümmern, ist für ihn im Bürgerkriegsland Kolumbien eine Form der Friedensarbeit.
Gewalt ist in Voto Nacional für viele Alltag. Die Kinder leiden darunter ganz besonders.
Thomas Piketty ist so etwas wie der Popstar unter den zeitgenössischen Ökonomen, und in Lateinamerika, wo der Wohlstand außergewöhnlich ungleich verteilt ist, finden seine Thesen besonders viel Zustimmung. Doch aus Chile kommt jetzt Widerspruch – und nicht etwa von rechts. Pikettys Kritiker ist ein Politiker und Ökonom, der sich selbst eine gerechtere Gesellschaft wünscht. Die Einkommensverteilung in Lateinamerika sei „auf skandalöse Weise ungleich“, schreibt Andrés Velasco in einem Text für die Meinungsseite Project Syndicate. Nur tauge die Politik, die Piketty vorschlage, nicht dazu, das zu verbessern.
Die Kolumbianer sind völlig aus dem Häuschen: Nairo Quintana hat das Radrennen Giro d’Italia gewonnen, und sein Landsmann Rigoberto Urán belegte den zweiten Platz. Seit Tagen war der Erfolg der beiden – neben den Präsidentschaftswahlen in zwei Wochen – das bestimmende Thema in den Nachrichten. Heute warf sich die Tageszeitung El Espectador in rosa Papier, noch bevor der Sieg Quintanas offiziell feststand, und Konkurrent El Tiempo tauchte das Logo seiner Homepage in rosa Farbe. Aus Quintanas Heimatdepartement Boyacá wird derweil eine neue Mode gemeldet: Die stolzen Bürger tragen die traditionellen Wollponchos der Region jetzt in rosa.
Die Freude ist groß, weil viele Kolumbianer sich in den Lebensgeschichten der beiden Radsportler wiederfinden. Sie nehmen dem Erfolg von Quintana und Urán als Zeichen dafür, dass man auch unter widrigsten Umständen etwas erreichen kann im Leben. Das beflügelt.