Erstaunlich, wie schnell das plötzlich geht. Eine Woche vor der entscheidenden Runde der Präsidentschaftswahl haben sich die Unterhändler von kolumbianischer Regierung und FARC-Guerilla in einem weiteren Punkt geeinigt. Beide Parteien erkennen ihre Verantwortung für die Opfer des Bürgerkriegs an; und sie bekräftigen den Anspruch der Opfer auf Aufklärung, Entschädigung, Gerechtigkeit und Teilhabe am Friedensprozess.
„Wir werden einander keine Straffreiheit zugestehen“, heißt es Medien zufolge in der gemeinsamen Erklärung. In der Debatte über den Friedensprozess ist das ein ganz wichtiger Punkt. Die Gegner von Präsident Juan Manuel Santos werfen ihm vor, er wolle die Guerilla ohne Strafe davonkommen lassen – auch ihre Anführer. Die Mehrheit der Kolumbianer will das nicht, und viele haben kein Vertrauen in die Unterhändler der Guerilla. Offenbar versucht Santos jetzt auf den letzten Metern, die Argumente seiner Gegner zu entkräften.
Vielleicht will er auch einfach nur Fakten schaffen, für den Fall, dass er die Wahl verliert. Sein Nachfolger wird dann aber nicht an die bereits getroffenen Abmachungen gebunden sein. Ebensogut könnte Óscar Iván Zuluaga alle Verträge vom Tisch wischen und den Neubeginn der Verhandlungen zu seinen Bedingungen erklären – oder ihren Abbruch.
Auf Santos‘ Agenda ist jetzt noch ein Punkt offen. Falls seine Leute nach den Wahlen weiterverhandeln, wird es um die Frage gehen, wie der bewaffnete Konflikt beendet werden kann und wie die Justiz mit den Tätern umgeht. Und dann begönne die eigentliche Arbeit: Die Umsetzung des Beschlossenen – die „Konstruktion des Friedens in den Regionen“, wie die Kolumbianer sagen. Das wird der schwierigste Part. Falls es überhaupt so weit kommt.