Ihre obersten Anführer haben einen Friedensvertrag mit der kolumbianischen Regierung geschlossen. Aber etwa 1.000 Farc-Kämpfer befinden sich immer noch unter Waffen. Und sie haben nicht die Absicht, ihre Gewehre niederzulegen. Das ergibt sich aus einem Bericht der International Crisis Group, den diese vor Kurzem veröffentlicht hat.

Der Crisis Group zufolge befinden sich mehr als 10.000 ehemalige Farc-Guerrilleros auf dem Weg in ein ziviles Leben. Die Zahl liegt deutlich über den offiziellen Angaben. Die Regierung hatte bisher gesagt, von 8.000 ehemaligen Farc-Mitgliedern seien nur etwa fünf Prozent nicht in die Übergangslager gekommen, um ihre Waffen abzugeben und am Friedensprozess teilzunehmen. Fünf Prozent: Das wären nur etwa 400 Kämpfer, die im Dschungel blieben.

Die abtrünnigen Farc-Guerrilleros werden „Dissidenten“ genannt. Sie kämpfen mit Waffengewalt um die Kontrolle von Territorien – besonders in Gegenden, in denen der Drogenanbau, der Drogenhandel, der illegale Goldbergbau, Entführung und Erpressung gute Profite versprechen. Das ist zum Beispiel in Tumaco so, einer Drehscheibe des Kokainhandels am Pazifik, in den abgelegenen Dörfern des Chocó und in den Schmugglergebieten an der Grenze zu Venezuela.

Die Gewalt trifft ein ziemlich großes Gebiet. Wie groß, zeigt eine Karte, die der Radiosender RCN ins Netz gestellt hat.

Neben den „Dissidenten“, die der Crisis Group zufolge auch neue Kämpfer rekrutieren, bringen die kleinere ELN-Guerilla und neoparamilitärische Gruppen Unsicherheit und Gewalt in diese Regionen. Sie alle kämpfen um die Gewinne aus der brutalen illegalen Ökonomie. Eine Erkenntnis des Crisis-Group-Reports: Gelingt es der Regierung nicht, die illegalen Geldquellen trockenzulegen, ist der Friedensprozess in ernster Gefahr.

Unterdessen hat die Führung der Farc ihren Spitzenkandidaten für die Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr bestimmt. Es ist ihr oberster Anführer Rodrigo Londoño. Andere hochrangige Mitglieder wollen sich um Parlamentsmandate bewerben.

Die Kandidaturen wurden erstaunlich früh angekündigt. Grundsätzlich müssen sich die hochrangigen Farc-Mitglieder nämlich einer „Speziellen Rechtsprechung für den Frieden“ unterwerfen. So ist es im Friedensvertrag festgelegt. Wie genau das aber geschehen soll und wann, mit welchen Strafen sie zu rechnen hätten – und ob sie überhaupt ein Mandat antreten dürfen, bevor sie den juristischen Prozess durchlaufen haben: All das ist noch nicht geklärt.