Ein Wandgemälde in Mocoa, Putumao, erinnert an die gewaltsam umgekommenen Toten des Bürgerkriegs

Vergangenen Sommer war ich im Putumayo unterwegs, ganz im Südwesten Kolumbiens. Damals hofften die Menschen dort auf den Friedensprozess. Es war eine bescheidene Hoffnung. „Frieden, was bedeutet das?“ fragte ich fast alle, die ich traf. Die Antwort war so gut wie immer gleich: „Wir wollen in Ruhe gelassen werden. Damit wir leben, arbeiten, unsere Kinder großziehen können.“ Alles Dinge, die hier in Mitteleuropa selbstverständlich scheinen.

Es scheint, als werde sich die Hoffnung der Menschen vorerst nicht erfüllen. Vor ein paar Tagen erhielt ich eine Nachricht von einer Bekannten aus dem Putumayo. Sie erzählte mir von einer Straßenblockade abtrünniger Farc-Guerilleros, die ihre Waffen nicht abgegeben haben, im benachbarten Department Caquetá.

„Die Farc ziehen wieder Steuern von den Campesinos ein“, schrieb sie. „Für jede Kuh und jede Nutzpflanzung, die sie besitzen.“ Sie habe Angst, mehr noch als während der Zeit des Bürgerkriegs. „Damals kannte ich die Leute beider Seiten und wusste, wie weit ihr Einfluss reicht. Jetzt aber handelt es sich um sehr schlechte Menschen, die nicht zuhören und nur ihre wirtschaftlichen Interessen verfolgen.“

Wirtschaftliche Interessen? Gemeint ist das Drogengeschäft. Im Süden Kolumbiens, auf dem Land, geht es um den Anbau von Koka und den Drogenhandel.

Dies ist – sinngemäß wiedergegeben – die Nachricht:

Eine Einwohnerin der Kommune Cartagena del Chairá berichtet, sie habe um halb neun Uhr morgens einen Pick-Up in Richtung Florencia genommen. Unterwegs stoppte ein Bewaffneter den Wagen und zwang die Fahrgäste, auszusteigen. Unter ihnen waren auch Frauen mit kleinen Kindern. Nach und nach kamen weitere Fahrzeuge, sie alle wurden gestoppt. Alle Passagiere mussten die Autos verlassen.

Die Bewaffneten erklärten mehrmals, zur Farc zu gehören, und forderten die Leute auf, keine Angst zu haben. Es waren drei Männer mit Pistolen. Der furchterregendste unter ihnen, offenbar der Anführer, trug die Tätowierung eines Tigers auf seinem Hals.

Die Männer zerschossen die Fahrzeuge, vor allem die Reifen, und markierten sie mit Buchstaben. Sie verteilten Flugblätter. Zwei Stunden lang hatten sie die Menschen in ihrer Gewalt. Bevor sie verschwanden, erklärten sie, die Farc sei so lebendig wie nie. Der Friedensprozess sei ein Betrug, stand auf ihren Flugblättern, aber wenn die Leute für sie arbeiten würden, werde ihnen nichts geschehen. Wer sich aber weigere, werde zum „militärischen Ziel“. Das ist eine kaum verhüllte Todesdrohung.

„Wir haben große Angst“, schrieb meine Bekannte noch, „deshalb müssen wir hier über solche Vorfälle schweigen.“ Die Regierung habe die Existenz abtrünniger Farc-Gruppen in der Gegend lange geleugnet.

Inzwischen aber scheint das nicht mehr möglich zu sein. Wie die Zeitung Vanguardia berichtet, hat die Armee mittlerweile bestätigt, dass Farc-Dissidenten im Putumayo operieren, „in den gleichen Zonen, in denen sich 25.000 Hektar Kokapflanzungen konzentrieren“. Angesichts des Drucks, den die Bewaffneten ausübten, hätten einige Campesinos nun angekündigt, ihre Kokapflanzen nicht zu zerstören, wie eigentlich im Zuge des Friedensprozesses vereinbart.