Seit Wochen sind sie auf den Straßen: Einige Tausend Arhuaco demonstrieren im kolumbianischen Valledupar für ein Verbot von Bergbauprojekten in ihrer Heimat, der Sierra Nevada de Santa Marta. Die Sierra ist das höchste küstennahe Gebirge der Welt – eine geologische Besonderheit, denn auf kürzester Distanz steigen ihre Hänge vom karibischen Meer bis auf mehr als 5.700 Meter Höhe an. Oben liegt Schnee, unten am Strand wachsen Palmen.

Die Sierra, sagen die Arhuaco, versorge drei Millionen Menschen mit sauberem Trinkwasser. Für sie ist es heiliges Land, dessen Unversehrtheit es um jeden Preis zu schützen gilt: Land ihrer Ahnen, der Mittelpunkt der Welt. In der Sierra, so glauben die Ureinwohner, entscheide sich, ob die Welt im Gleichgewicht bleibe. Und ihre Aufgabe sei es, genau dafür zu sorgen.

Eigentlich müssten die Ureinwohner ihr Einverständnis zu jeder Mine geben. Doch obwohl ihre Anführer die Ausbeutung der Erde ablehnen, wird in der Sierra Bergbau betrieben. Wie viele Projekte genau es gibt, ist nicht ganz klar: In manchen Berichten ist von mehr als 130 aktiven Projekten und mehr als 240 weiteren Anträgen die Rede, andere nennen der Größenordnung nach umgekehrte Zahlen, wieder andere Quellen sprechen von mehr als tausend Anträgen, die das ökologische Gleichgewicht des Küstengebirges bedrohten.

Die Regierung von Präsident Juan Manuel Santos kann die Proteste nicht ignorieren. Vor sieben Jahren demonstrierte der Präsident noch seine Verbundenheit mit den Völkern der Sierra. Kurz bevor er sein Amt in Bogotá offiziell antrat, reiste er mit seiner Familie und weiteren Begleitern nach Santa Marta, um dort an einer Zeremonie mit den Mamos teilzunehmen, den spirituellen Führern der Arhuaco, Kogui und Wiwa. Von ihnen erhielt er Armbänder aus Baumwolle, die ihn schützen, und Steine, die sein Engagement für die Natur symbolisieren sollten.

Den Bergbau hat Santos dennoch immer gefördert. Im Nationalpark der Sierra Nevada von Santa Marta gebe es gar keine Minen, sagen seine Behörden jetzt. Die Ureinwohner wollen aber nicht nur den staatlich anerkannten und geschützten Nationalpark vom Bergbau frei halten, sondern das ganze Gebirge. Das ist ein viel größeres Gebiet.

Seit ein paar Tagen gibt es jetzt direkte Verhandlungen. Die Regierung hat in einem ersten Schritt versprochen, 585.000 Hektar frei vom Bergbau zu erklären, zusätzlich zu den fast 400.000 Hektar, die der Nationalpark der Sierra Nevada umfasst. Langfristig müsse das ganze Gebirge bergbaufrei sein, darin sei man sich mit den Völkern der Sierra einig – aber das gehe eben nicht so schnell.

Den Arhuaco reicht das nicht. „Die wirtschaftliche Entwicklung ist (der Regierung) jedes Mal wichtiger als die Umwelt“, schreibt mir Alfonso Torres, einer ihrer Anführer, der in Santa Marta ein Gesundheitszentrum für die Arhuaco leitet. Bisher habe es nur eine „punktuelle“ Einigung mit der Regierung gegeben. „Es gibt Misstrauen. Aber wir hoffen, dass sie ihre Versprechen halten.“ Ihre Proteste halten sie einstweilen aufrecht, und die Verhandlungen fangen erst an.

Das Bild zeigt Camilo, einen Mamo der Arhuaco, im Juli 2016. Warum wollen die Weißen unser Land? fragte er mich. Ich hatte keine gute Antwort. Mehr zu meinem Besuch gibt es hier zu lesen. ((c) Alexandra Endres)