Brasilien gibt vier Millionen Hektar Regenwald für Bergbau frei: Das melden heute die Kollegen bei der Deutschen Welle und anderswo. In dem Gebiet, das so groß wie Dänemark sein soll, wird den Berichten zufolge viel Gold und Eisen vermutet. Um den Abbau der Rohstoffe zu erlauben, habe die Regierung nun den Naturschutz-Status des Gebiets aufgehoben.

Brasilien habe im Juli angekündigt, den Bergbau im Land „wiederbeleben“ zu wollen, schreibt CNN Money, „und seinen Anteil an der Wirtschaft von vier auf sechs Prozent zu erhöhen. In einem Land, in dem die Rekordzahl von 14 Millionen arbeitslos ist, beschäftigt die Branche 200.000 Menschen.“

Die Regierung beteuert zwar, die Rechte der Ureinwohner schützen zu wollen, die im Wald leben. Oppositionspolitiker, Umweltschützer und Menschenrechtler glauben das aber nicht.

Der Amazonas-Urwald gilt unter Umweltschützern als der größte zusammenhängende Regenwald der Welt. Vermutlich beeinflusst er das Klima weltweit. Seine Baumriesen wandeln Sonnenenergie durch Verdunstung in Wasserdampf um. Die feuchten Wolken, die aus den Wäldern aufsteigen, haben einen kühlenden Effekt auf das Klima ganz Amerikas und bringen Regen bis weit in den Norden. Rodet man die Bäume, geht die kühlende Wirkung verloren – und Kohlendioxid wird frei, das den Klimawandel noch weiter verstärkt.

In Brasilien befindet sich der größte Teil des Amazonaswaldes – doch er schrumpft seit langem, weil das Land von Viehzüchtern beansprucht wird, von Holzfällern oder von Bergbaufirmen, die an die Bodenschätze unter den Baumriesen wollen. Von 2005 bis 2015 war es zumindest gelungen, den Schwund zu verlangsamen. Damals gab es Hoffnung auf eine Trendwende. Doch sie hat sich nicht erfüllt.

Beobachter sagen, ein Waldgesetz, das im Jahr 2012 verabschiedet wurde, sei für die zunehmenden Rodungen verantwortlich. Und dem brasilianischen Präsidenten Michel Temer, seit etwa einem Jahr im Amt, scheint der Schutz des Amazonas nicht besonders am Herzen zu liegen.

Update: Ende August kippte ein Gericht Temers Pläne. Doch vom Tisch sind sie damit noch lange nicht. Die Regierung will den Gerichtsentscheid anfechten.

Wenn seine (Temers) von Korruptionsskandalen getriebene Regierung nur eine klare Linie erkennen lässt, dann in dieser Hinsicht: Wirtschaft schlägt Natur,

schreibt in der Süddeutschen Zeitung der Kollege Boris Herrmann. Und weiter.

Weil sie dringend Geld braucht, möchte die brasilianische Regierung gerade über 50 Staatsbetriebe privatisieren, darunter auch Eletrobras, den größten Energieversorger Lateinamerikas. Zum Ausverkauf stehen ferner: mehr als ein Dutzend Flughäfen, 15 Häfen sowie die nationale Druckerei für Geldscheine und Reisepässe. Temers Kritiker sagen, dass inzwischen auch der Regenwald in diese Liste gehört. Der frühere Präsident Luiz Inácio Lula da Silva spricht von einer „Denationalisierung der Amazonasregion.“