„In den vergangenen zehn Jahren haben sich die Morde an Frauen mehr als verdoppelt, heute zählt man jeden Monat 270 Femizide. Die Anzeigen wegen sexuellen Missbrauchs an Mädchen unter fünf Jahren haben sich mehr als verdreifacht – und das sind nur die Anzeigen. Jedes Jahr werden mehr als 11.000 Mädchen zwischen zehn und 14 Jahren schwanger, nachdem sie sexualisierte Gewalt erfahren haben. Das sind Daten aus offiziellen Quellen. Wir erleben alle jeden Tag, was sie bedeuten.“
Das sagt Julia Escalante De Haro, Anwältin und Feministin aus Mexiko-Stadt. Sie sagt auch: Manchmal sind Polizisten die Täter, und die Strafverfolgungsbehörden schauen weg. Deshalb gingen in den vergangenen Tagen mehrere Tausend Frauen in Mexiko-Stadt und anderswo auf die Straße. Unter dem Motto „No Me Cuidan, Me Violan“ (Sie schützen mich nicht, sondern vergewaltigen mich) protestierten sie gegen die Gewalt gegen Frauen, die mittlerweile überall in Mexiko präsent ist.
Escalante De Haro sagt auch: „Jeden Tag werden Frauen ermordet oder verschwinden spurlos. Ich bin 42 – als ich noch Studentin war, kannten wir alle die Nachrichten der Frauenmorde aus Ciudad Juárez, doch sie schienen weit weg. Ich bin noch allein gereist, ich konnte zumindest einigermaßen sagen, welche Orte für mich sicher sein würden. Heute wäre das nicht mehr möglich.“ Darüber, was es für die Frauen bedeutet, in so einem Land zu leben, habe ich mit ihr für ZEIT ONLINE gesprochen.