Die Umweltschützer von Greenpeace sind bekannt für spektakuläre Aktionen – auch auf Klimagipfeln. Vergangenen Montag betraten mehrere Aktivisten, darunter Deutsche, das Terrain der berühmten Linien von Nazca. Wer aus der Luft auf die Linien schaut, erkennt dort riesige Bilder. Das bekannteste zeigt einen Kolibri. Die Zeichnungen sind einige Jahrhunderte vor Christi Geburt entstanden, die Unesco hat sie zum Weltkulturerbe erklärt.

Direkt neben dem Kolibri breiteten die Greenpeace-Aktivisten Buchstaben im Sand aus, mit denen sie mehr Klimaschutz forderten. „Time for Change! The Future is Renewable„, stand da. Jetzt ist die peruanische Regierung in Aufruhr – und das nicht wegen des umweltpolitischen Gehalts der Botschaft.

Die Linien sind empfindlich, eigentlich darf der Nazca-Komplex deshalb nur nach Genehmigung und mit speziellem Schuhwerk betreten werden. Die Greenpeace-Leute aber kamen in Turnschuhen und Stiefeln. Ihre Fußabdrücke hätten irreparable Schäden verursacht, sagt die peruanische Regierung. Lokalen Medien zufolge leiteten die Behörden vorläufige Ermittlungen ein. Alle Peruaner sollten bei der Suche nach den Verantwortlichen helfen, um sie an der Ausreise zu hindern, appellierten sie.

Greenpeace hat sich inzwischen „ohne Vorbehalt“ für seine Aktion entschuldigt. Ursprünglich habe man die Nazca-Kultur ehren und auf ihren Untergang hinweisen wollen, der möglicherweise durch den Klimawandel verursacht worden sei, erklärte die Organisation. Aber „statt eine konstruktive Botschaft der Hoffnung zu senden, wirkten wir achtlos und grob“. Greenpeace unterstütze aktiv die Rechte der indigenen Völker, heißt es außerdem in einem Schreiben der Organisation. „Deshalb sind wir besonders bestürzt darüber, dass unsere Aktion die Aufmerksamkeit vom Kampf für die Rechte der Indigenen abgelenkt hat.“

Doch auch ein Treffen einer Greenpeace-Delegation mit Perus Vizekulturminister Luis Jaime Castillo am Rande der Klimaverhandlungen in Lima brachte keine Versöhnung. Seine Regierung habe die Entschuldigung der Organisation „nicht angenommen“, weil die Umweltschützer ihrerseits nicht zu dem von ihnen verursachten Schaden stünden, erklärte Castillo.

Jetzt will Greenpeace-Chef Kumi Naidoo persönlich nach Lima kommen, um sich zu entschuldigen – und auf dem Klimagipfel ist der Ärger das Gesprächsthema des Tages.

Ohne Zweifel: Die Nazca-Linien sind fragil und bedürfen des Schutzes. Doch offenbar sind die peruanischen Behörden damit nicht immer so streng. Anfang 2013 durchquerten Fahrzeuge der Rallye Paris-Dakar – die seit 2009 aus Sicherheitsgründen in Südamerika stattfindet – die Gegend. Die Rallye war von der Regierung genehmigt. Auch sie beschädigte anscheinend die Linien, wie die Bloggerin Elena Chávez auf Fotos zeigt. Ihr zufolge gibt es in der geschützten Zone auch illegalen Bergbau und illegale Landnahmen. Chávez schreibt: Die Behörden empörten sich zwar über die dadurch verursachten Schäden. Doch sie unternähmen nichts, um Nazca zu schützen. „Das Ergebnis? Illegaler Bergbau, Landnahmen, improvisierte Straßen… und Greenpeace.“

Aus Chávez’ Sicht ist die Empörung der Regierung nur eine Taktik, um von den eigenen Versäumnissen abzulenken. „Das Ministerium lässt seine Wut an einer Gruppe aus, statt die Wurzeln des Problems anzugehen.“  Ein lateinamerikanischer Kollege, der seit Jahren in Lima arbeitet, sagt: Die Rechte nutze den Vorfall aus, um Stimmung gegen Umweltschützer zu machen. Die seien der Regierung und der Wirtschaft ohnehin ein Dorn im Auge.

Peru erwirtschaftet einen beachtlichen Teil seines Bruttoinlandsprodukts im Bergbau, doch die Megaminen verursachen oft große ökologische und soziale Schäden. Wer das kritisiert, stellt das Entwicklungsmodell in Frage. Der Regierung kann das nicht gefallen. Da ist eine unbedachte Aktion wie die in Nazca ein willkommener Anlass für Aufregung.