Drei Jahre ist es her, dass der Frieden in Kolumbien greifbar nah schien. Damals schloss die Regierung, noch unter Präsident Juan Manuel Santos, mit der Farc-Guerilla einen Friedensvertrag. Der war zwar hoch umstritten, doch nach fünf Jahrzehnten Bürgerkrieg schien er die Möglichkeit eines gewaltfreien Zusammenlebens zu eröffnen. Die Gewalt aber war nie ganz verschwunden – und gerade kehrt sie mit Macht zurück.

Die Zahl der Morde an lokalen Aktivisten, die sich für die Umwelt, die Menschenrechte und den Friedensprozess engagieren, steigt. Die Zahl der Massaker ebenfalls. Alke Jenss, die am Arnold-Bergstraesser-Institut in Freiburg zur Sicherheitslage in Kolumbien forscht, sagt: Der Staat lässt die Gewalt zu. Manchmal verursacht er sie aber auch, oder er übt sie direkt selbst aus.

Zum Beispiel im vergangenen September, als in Kolumbiens Hauptstadt Bogotá ein Mann in Polizeigewahrsam ums Leben kam. Der 46-jährige Javier Ordóñez starb, nachdem Polizisten ihn mit einem Elektroschocker malträtiert und geschlagen hatten. Angeblich hatte Ordóñez, ein Familienvater, der Anwalt werden wollte, die Ausgangssperre missachtet. Er soll an Kopfverletzungen gestorben sein.

Nach Ordóñez‘ Tod kam es in Bogotá und anderen Städten tagelang zu Protesten. Sie wurden mit Gewalt unterdrückt.

Alke Jenss sagt: Die Polizeigewalt habe in Kolumbien auch damit zu tun, „dass nicht wenige in den staatlichen Institutionen Kritikerinnen und Kritiker als Staatsfeinde und Terroristen abstempeln. Es gibt eine rechtsgerichtete, antidemokratische Vorstellung, dass es gegen den Staat keinen Widerspruch geben kann und darf – und gibt es ihn doch, so darf er vom Staat bekämpft werden.“ Zugleich werde akzeptiert, dass bestimmte wirtschaftliche Interessen auch mit Gewalt durchgesetzt würden. Nicht selten sind paramilitärische Gruppen oder ihre Nachfolgeorganisationen daran beteiligt.

Der Frieden, der vor drei Jahren noch möglich schien, wird in Kolumbien immer unwahrscheinlicher. Darüber habe ich für ZEIT ONLINE hier ausführlicher geschrieben.