Sind die Chefs des US-Kohlekonzerns Drummond verantwortlich für Morde und andere Gewalttaten in Kolumbien? Im vergangenen Herbst präsentierte die niederländische Organisation Pax (ehemals Pax Christi) einen Report mit starken Hinweisen darauf. Bürgerkriegsopfer und Menschenrechtsanwälte erhoben ähnliche Vorwürfe; sie hatten den Konzern deshalb in Alabama verklagt. Jetzt geht Drummond in die Gegenoffensive.

Kolumbien ist weit; doch die Verbindung zwischen Drummond und den deutschen Stromverbrauchern ist eine kurze. Der Konzern ist einer der drei großen kolumbianischen Kohleförderer. Die liefern ihre Kohle vor allem nach Europa, und Deutschland ist, neben den Niederlanden und Großbritannien, ein wichtiger Kunde.

Die Mitarbeiter von Pax sammelten eidesstattliche Aussagen aus Gerichtsverfahren in den USA und Kolumbien; und sie führten eigene Interviews mit Opfern, Tätern und ehemaligen Angestellten. Dem Pax-Report The Dark Side of Coal zufolge gaben Drummond und Prodeco, ein weiterer Kohleförderer im kolumbianischen Department Cesar, den Impuls zur Gründung einer paramilitärischen Gruppe. Die Konzerne sollen den Paramilitärs Geld gegeben haben, damit diese ihre Infrastruktur schützten – und Störenfriede, beispielsweise unbequeme Gewerkschafter, mit Gewalt aus dem Weg räumten.

Nun verklagt der Konzern seine Kritiker. Dabei geht es in erster Linie gar nicht um Pax – die Organisation wird eigenen Angaben zufolge in der Klageschrift zwar erwähnt, ist aber selbst nicht unter den Beklagten.

Inhaltlich aber gibt es klare Verbindungen zwischen dem Pax-Report und den Vorwürfen, um die es jetzt vor Gericht geht. Schon vor einiger Zeit hatten Opfer des Bürgerkriegs im Cesar und ihre Anwälte den Konzern in den USA vor Gericht gebracht. Ihr Vorwurf entspricht dem, den auch Pax in seinem Report erhob: Drummond habe paramilitärische Gruppen finanziert und sei damit verantwortlich für die von den Kämpfern begangenen Menschenrechtsverletzungen.

Doch vor wenigen Wochen lehnte das zuständige Gericht die Klage ab. Sie könne nicht zur Verhandlung angenommen werden, weil sie zu wenige Informationen enthalte, hieß es übereinstimmenden Medienberichten zufolge in der Begründung (z.B. hier und hier).

Eine Ablehnung aus formalen Gründen, erklären die Menschenrechtler – kein Freispruch. Drummond sieht das naturgemäß genau andersherum. Nur wenige Tage nach dem Richterspruch erhob der Konzern selbst Klage. Die gegnerischen Anwälte und NGOs hätten sich mit einem niederländischen Wettbewerber zusammengetan, um gezielt über Jahre hinweg die Reputation Drummonds zu beschädigen und so finanzielle Profite aus der Sache zu ziehen, argumentieren seine Anwälte. Sie hätten ihren Zeugen für deren Aussagen Hunderttausende Dollar gezahlt.

Die juristische Offensive Drummonds kommt nicht überraschend. Der Konzern hatte schon im vergangenen Herbst angedeutet, dass Zeugen gekauft seien. Umgekehrt zitierte Pax Zeugen mit der Behauptung, Drummond habe ihnen für ihr Schweigen Geld geboten.

Es ist ein harte Auseinandersetzung, und das Deprimierendste dabei ist: Die Gewalttaten, um die es in dem Streit geht, sind schon vor vielen Jahren geschehen. Das Department Cesar, in dem Drummond seine Kohle fördert, ist aber immer noch nicht befriedet. So haben die Opfer des Bürgerkriegs, die Traumatisierten, Vertriebenen und Angehörigen der Toten, keine Chance, ihre Traumata zu überwinden.