• Archive: Juan Manuel Santos

Kolumbien wählt

Jun 15

Deyanira Rodriguez – lange schwarze Haare, feine Gesichtszüge, offener Blick, Mutter dreier Kinder – ist eine selbstbewusste Frau mit einer harten Geschichte. Einer Geschichte, die in Kolumbien aber nicht ungewöhnlich ist. Millionen andere haben Ähnliches durchgemacht.

Deyanira stammt sie aus der Departement Arauca, im Osten des Landes. Ihre Familie lebte auf dem Land, aber sie wurden von Bewaffneten vertrieben. Mit ihrer Mutter, Geschwistern und zwei Kindern – das dritte war noch nicht geboren – floh Deyanira ins Departement Norte de Santander. Um die Familie durchzubringen, ackerte sie als Hilfsarbeiterin auf dem Bau. Heute hat sie eine neue Familie gegründet. Und sie hatte Glück: Unter den vielen Tausend Vertriebenen der Region gehörte sie zu den wenigen, die für den verlorenen Besitz entschädigt wurden.

Mein Taxifahrer wählt Uribe

Jun 6

Eine Woche ist es noch bis zum entscheidenden Tag der kolumbianischen Präsidentschaftswahlen – und gerade hat sich bestätigt: Es wird ein ganz knappes Rennen. Drei neue Umfragen sehen die beiden Kandidaten Juan Manuel Santos und Óscar Iván Zuluaga mehr oder weniger gleichauf.   

Ein Haus für Nairo Quintana

Jun 1

Die Kolumbianer sind völlig aus dem Häuschen: Nairo Quintana hat das Radrennen Giro d’Italia gewonnen, und sein Landsmann Rigoberto Urán belegte den zweiten Platz. Seit Tagen war der Erfolg der beiden – neben den Präsidentschaftswahlen in zwei Wochen – das bestimmende Thema in den Nachrichten. Heute warf sich die Tageszeitung El Espectador in rosa Papier, noch bevor der Sieg Quintanas offiziell feststand, und Konkurrent El Tiempo tauchte das Logo seiner Homepage in rosa Farbe. Aus Quintanas Heimatdepartement Boyacá wird derweil eine neue Mode gemeldet: Die stolzen Bürger tragen die traditionellen Wollponchos der Region jetzt in rosa.

Die Freude ist groß, weil viele Kolumbianer sich in den Lebensgeschichten der beiden Radsportler wiederfinden. Sie nehmen dem Erfolg von Quintana und Urán als Zeichen dafür, dass man auch unter widrigsten Umständen etwas erreichen kann im Leben. Das beflügelt. 

Uribe gewinnt die Wahl

Mai 25

Sieben Uhr abends kolumbianischer Zeit, so gut wie alle Stimmen der Präsidentschaftswahl sind ausgezählt. Das Ergebnis ist überraschend klar: Óscar Iván Zuluaga, Kandidat der Ultrarechten und – als Sprachrohr seines Mentors Álvaro Uribe – erbitterter Gegner des Friedensprozesses, hat gewonnen.

Etwas mehr als 29 Prozent stimmten für Zuluaga, nicht einmal 26 Prozent für Santos. In einer Stichwahl am 15. Juni entscheidet sich, wer von beiden der nächste Präsident Kolumbiens sein wird. Die drei anderen Kandidaten sind raus: Die Konservative Marta Lucía Ramírez und die Linke Clara López mit jeweils etwas mehr als 15 Prozent, der Grüne Enrique Peñalosa mit nur acht Prozent. Ihm hatte man deutlich mehr zugetraut; manche sagen, das schlechte Ergebnis könnte das Ende seiner politischen Karriere sein.

Wahlkampf auf kolumbianisch

Mai 21

Laura Wills Otero ist Politologin an der Universidad de Los Andes in Bogotá. Seit vergangenem Jahr leitet sie dort das Programa Congreso Visible, das sich zum Ziel gesetzt hat, die politische Arbeit des kolumbianischen Parlaments transparenter zu machen.

Auch im gerade laufenden Präsidentschaftswahlkampf hat Wills Otero versucht, die Positionen der Kandidaten dem Volk nahezubringen. Und ist fast daran verzweifelt. Wenige Tage vor dem Wahltermin sagt sie in einem Café im wohlhabenden Norden von Bogotá: „Es gab keine Debatte. Eigentlich ist das unglaublich in einer Demokratie.“

Der amtierende Präsident Juan Manuel Santos hat es bis heute abgelehnt, sich seinen Herausforderen in einer direkten Diskussion zu stellen.