Argentiniens Regierung hat sich nicht mit den Hedgefonds einigen können, die auf Basis alter Anleihen – gerichtlich sanktioniert – die Zahlung von 1,3 Milliarden Dollar plus Zinsen von dem Land verlangen. Heute Nacht lief die letzte Frist ab. Zwar mag Wirtschaftsminister Axel Kicillof es nicht öffentlich zugeben, aber die Konsequenz daraus ist: Argentinien ist erneut so gut wie zahlungsunfähig. Und offenbar hat Kicillof selbst kräftig zum Scheitern der Verhandlungen mit den Fonds beigetragen. 

Wie der Kollege Andreas Fink aus Buenos Aires berichtet, hatte man dort bis zuletzt an eine Einigung mit den Hedgefonds geglaubt. Das schien nicht unrealistisch – schließlich würden auch die Fonds verlieren, wenn es zu einem Zahlungsausfall käme:

Den ganzen Tag hatten die Medien über einen möglichen Last-Minute-Deal berichtet. Es hieß, der argentinische Bankenverband wolle den Hedgefonds eine Garantiesumme anbieten, damit diese den Richter um mehr Zeit bäten. „Es geht nur noch um eine Frage: 90 oder 180 Tage“ titelte das Wirtschaftsblatt Ambito Financiero online. Der Börsenindex Merval stieg um 6,9 Prozentpunkte auf die Rekordmarke von 8937,62 Punkten, die Aktie des Energieversorgers Edenor kletterte gar um 14,6 Prozentpunkte, das Länderrisiko fiel um 19,7 Prozent und der Dollarkurs sank auf dem Schwarzmarkt von 12,80 auf 12,30 Pesos. Seit Wochen hatten die Wirtschaftsexperten eine Einigung in letzter Minute prognostiziert, weil ein Zahlungsausfall für alle Beteiligten die schlechtere Variante schien.

Doch dann sprach Wirtschafsminister Kicillof – und manche Auguren mussten sich danach im TV dafür entschuldigen, der Regierung rational-ökonomisches Handeln unterstellt zu haben.

Kicillof beschuldigte die Hedgefonds in seiner Rede der Erpressung und bezeichnete sie als Geierfonds. Daraufhin brachen die Investoren die Verhandlungen ab. Das Scheitern der Gespräche ist eine politische Bankrotterklärung für Kicillof. Nur sieht er selbst es nicht so – Schuld seien die anderen, sagte er:

„Argentinien hat gezahlt. Und Argentinien wird auch weiter zahlen. Das ist kein Default

Tatsächlich betrugen die öffentlichen Schulden Argentiniens 2012 weniger als 50 Prozent der Wirtschaftsleistung – zum Vergleich: Im Krisenjahr 2002 waren es 165 Prozent, und die schon so oft gebrochenen Maastricht-Kriterien legen für die EU-Mitgliedsstaaten eine Obergrenze von 60 Prozent fest. In den vergangenen Monaten hat Argentinien sich bemüht, die Ansprüche von so ziemlich allen Gläubigern fristgerecht zu begleichen. Nur die Hedgefonds wollte man nicht zufriedenstellen, und konnte es wohl auch nicht. Zwar könnte Argentinien die 1,3 Milliarden Dollar noch stemmen. Aber andere Gläubiger könnten aus einer Zahlung eigene Ansprüche ableiten, fürchtet die Regierung. Rechne man die dann zusammen, könnte es rasch zu viel werden für die öffentlichen Kassen. Dann wäre die Staatspleite erst recht da.

Die Taktik Argentiniens war es deshalb bisher, durch pünktliche Zahlung an die anderen Gläubiger guten Willen zu signalisieren und zu hoffen, dass die Finanzmärkte das honorieren. Nur: Es könnte sein, dass das nicht mehr funktioniert. Weil es keine Einigung mit den Hedgefonds gab, sind die Überweisungen an die anderen Gläubiger, die über US-Banken laufen, jetzt durch Gerichtsbeschluss blockiert. Die Ratingagentur Standard&Poor’s hat ihre Note für argentinische Staatsanleihen schon verschlechtert, und möglicherweise bereiten weitere Gläubiger auf der Basis der Entscheidung des US-Gerichts ohnehin schon Klagen gegen Argentinien vor.

Schwer zu sagen, wie es jetzt weitergeht. Der Wirtschaft Argentiniens geht es schlecht, die Konjunktur wäre auf neue Kredite angewiesen. Zwar hat Chinas Regierung vor ein paar Tagen angekündigt, Geld für Infrastrukturprojekte zu geben. Aber das kann den Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten nicht ersetzen.

Der Regierung bleiben nicht viele Möglichkeiten: Sie könnte versuchen, die fälligen Raten an die anderen Gläubiger nicht mehr über US-Banken laufen zu lassen, sondern über Geldinstitute in anderen Ländern. Sie könnte bis zum kommenden Jahr warten, bevor sie die Hedgefonds bedient, weil dann eine Vertragsklausel hinfällig wird, die anderen Gläubigern Gleichbehandlung garantiert – und Gleichbehandlung hieße in diesem Fall: ebenfalls höhere Zahlungen, die Argentiniens Finanzkraft überfordern könnte. Beides ginge wohl nicht ohne weitere juristische Streitereien über die Bühne.

Eine einfache Lösung gibt es nicht. Die Argentinier sind Krisen gewöhnt. Aber diese hier begann in den Neunzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts. Sie dauert schon ziemlich lange.