Felipe Calderón ist nicht an allem schuld. Seit der mexikanische Expräsident im Jahr 2006 seinen Krieg gegen die Drogen entfachte, ist Zahl der Morde in seinem Heimatland exorbitant gestiegen. Zigtausende Menschen sind gestorben, unzählige wurden verschleppt; die Vereinten Nationen zählen neuesten Zahlen zufolge 160.000 Binnenflüchtlinge.
Bisher haben die meisten politischen Analysten das eine direkt mit dem anderen in Verbindung gebracht. Sie sahen in Calderóns Politik – und der Gegenwehr der Kartelle – die entscheidende Ursache für die extreme Gewalt. Doch jetzt bringen zwei Forscher einen anderen Faktor ins Spiel.
Im neuen Report „Ending the Drug Wars“, veröffentlicht von der London School of Economics, findet sich diese interessante Grafik:
Sie zeigt, wie die Kokainproduktion Kolumbiens von 2007 an steil gefallen ist – und wie gleichzeitig die Mordrate in Mexiko stieg. Daniel Mejia und Pascual Restrepo sagen, es gebe da einen Zusammenhang. Sie schreiben (meine Übersetzung):
Die Knappheit, die durch eine effizientere Anti-Kokain-Politik in Kolumbien hervorgerufen wurde, steckt möglicherweise hinter 46 Prozent des Anstiegs der Drogenmorde in Nordmexiko und 21,1 Prozent des Anstiegs aller Morde dort.
Einmal abgesehen davon, wie exakt solche Zahlen sein können – das Argument dahinter leuchtet ein. Gelingt es einem Staat (Kolumbien), die Drogenmafia unter Druck zu setzen, gehen die Banden einfach woandershin, schreiben Mejia, Restrepo und andere Autoren im LSE-Band. Der Koka-Anbau wanderte in benachbarte Andenländer, zum Beispiel nach Bolivien. Die Drogenhändler aber zogen gen Norden, näher an ihren wichtigsten Absatzmarkt USA. Und weil sie in Mexiko den dort etablierten Kartellen in die Quere kamen, schaukelte sich die Gewalt noch weiter hoch.
Wer weiterlesen mag, für den gibt es hier nochmal die Quelle: Mejia/Restrepo (2014), Why is Strict Prohibition Collapsing? A Perspective from Producer and Transi Countries. In: Ending the Drug Wars. Report of the LSE Expert Group on the Economics of Drug Policy, London