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„Sie sagen, hier kann man leben“: Warum so viele Menschen aus Zentralamerika nach Mexiko fliehen

Mrz 28

Es herrscht kein Krieg in El Salvador, Honduras und Guatemala. Zumindest nicht so, wie Krieg herrscht in Syrien oder im Jemen: Es fallen keine Bomben, und keine Panzer rollen über die Straßen.

Trotzdem ist in den drei Ländern Zentralamerikas niemand seines Lebens sicher. Die Gangs kontrollieren die Region, sie handeln mit Drogen, erpressen Schutzgeld, entführen Geschäftsleute und zwingen die Söhne der Nachbarn, für sie zu arbeiten. Die Töchter sind Freiwild für sie. Wenn Eltern versuchen, ihre Kinder zu schützen; wenn irgend jemand sich wehrt, den Bossen widerspricht oder sonst einen Fehler begeht, dann wird er umgebracht – oder muss um sein Leben rennen.

Wird El Chapo wirklich ausgeliefert?

Jan 12

Am Wochenende hieß es noch, schon im Februar könnte Joaquín „El Chapo“ Guzmán vom mexikanischen Hochsicherheitsgefängnis Altiplano in eine US-Anstalt überstellt werden. Von dort wäre eine Flucht wohl kaum mehr möglich; weder durch Tunnel noch mit der Hilfe bestochener Wächter. Und auch das Leben im Gefängnis wäre für den Mafiaboss deutlich weniger angenehm. Aus mexikanischen Hochsicherheitsgefängnissen ist überliefert, dass El Chapo sich regelmäßig Prostituierte kommen ließ und mit seinen Getreuen Kinoabende veranstaltete. Der Bestsellerautor Don Winslow hat das in seinem aktuellen Buch „Das Kartell“ sehr schön beschrieben.

Winslow glaubt nicht, dass Mexiko El Chapo jemals ausliefert. Guzmán habe hundert Millionen (Dollar) an Bestechungsgeldern gezahlt, twitterte der Autor. „Will Mexiko ihn wirklich in den USA haben, wo er plaudern könnte?“ Er glaubt auch nicht an die offizielle Geschichte von Guzmáns Festnahme. Winslow fragt: Wenn Sean Penn den Mafiaboss besuchen konnte und dabei sogar überwacht wurde, wie mexikanische Medien jetzt berichten: Warum nahm die Regierung Guzmán dann nicht sofort fest? Und wenn fünf von El Chapos Männern während der Schießerei, die angeblich zur Festnahme führte, gestorben sind: Warum zeigt das offizielle Video der Festnahme nichts davon, und warum sind am Gebäude, in dem alles passierte, keine Einschusslöcher zu sehen?

Niemand kommt hier sauber raus

Okt 13
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Crystal-Meth-Köche in der Wüste / Copyright: DCM Filmverleih

Was würdest Du tun, wenn Deine Familie massakriert wird, und niemand hilft? In Mexiko bewaffnen sich die Bürger. Der Film Cartel Land kommt ihnen nah wie keiner zuvor.

Für mitteleuropäische Zuschauer, gewöhnt an strikte Waffenkontrolle und daran, sich gefahrlos in der Öffentlichkeit bewegen zu können, mag der Satz wie ein überstrapaziertes Westernklischee klingen: „Es kommt der Moment, in dem wir entscheiden müssen, wie wir sterben wollen.“ Für den, der ihn in dem Film Cartel Land ausspricht, beschreibt der Satz schlicht die bittere Realität.

Michoacán, ein Bundesstaat im Südwesten Mexikos: Der Arzt José Manuel Mireles hat sich für den Kampf mit der Waffe entschieden. Er wolle nicht abgeschlachtet werden wie Vieh, sagt er. Ein Entkommen aus dem Drogenkrieg seiner Heimat gibt es für ihn ohnehin nicht, so oder so. Mireles ist die Hauptfigur im Dokumentarfilm Cartel Land des New Yorker Regisseurs Matthew Heineman. Ein Jahr lang hat Heineman den Arzt und seine Bürgerwehr, die sich gegen das örtliche Drogenkartell der Tempelritter erhob, mit seiner Kamera begleitet. Herausgekommen ist ein entsetzlicher, beklemmender Einblick in den mexikanischen Drogenkrieg.

Die Koks-Corporation

Jul 17

„Die Koks-Corporation“ ist der Titel einer Sendung auf DRadio Wissen, für die der Kollege Sven Preger mich interviewt hat – sehr zu meiner Ehre und Freude.

Wer sind Mexikos Verschwundene?

Feb 23

Wenn in Lateinamerika eine Person vermisst wird, dann bedeutet das nichts Gutes. In der Regel sind die Desaparecidosalso Verschwundenen, nicht freiwillig von ihren Familien weggelaufen. Desaparecido ist ein Euphemismus für: entführt, gefoltert, wahrscheinlich tot.

Für die Angehörigen ist die Ungewissheit darüber, was mit ihren Lieben geschehen ist, oft kaum auszuhalten. Und jeder könnte das nächste Opfer sein. Das macht das Verschwindenlassen zu einer wirksamen Terrormethode, beliebt unter Gewaltherrschern aller Art. In der Vergangenheit ließen Diktatoren ihre Gegner verschwinden. Heute sind kriminelle Gangs die Täter, manchmal im Verbund mit Vertretern des Staats.

Mexiko protestiert für die 43 Studenten von Ayotzinapa

Nov 12

Mexiko ist weiter in Aufruhr. Bei Protesten gegen die Regierung setzten Demonstranten in Chilpancingo, der Hauptstadt des Bundesstaats Guerrero, gestern das Hauptquartier der Regierungspartei PRI in Brand. Es kam zu gewaltsamen Zusammenstößen mit der Polizei; drei Menschen wurden verletzt. Auch anderswo eskalierten die Proteste in Gewalt.

Die Menschen verlangen Aufklärung über das Schicksal der verschwundenen 43 Studenten, und sie misstrauen dem Staat, denn das Verbrechen an den 43 legt die unguten Verflechtungen zwischen Mafia, Politik und Gesellschaft schonungslos offen. Was wird als nächstes geschehen? Niemand weiß es. Hier eine (unvollständige) Liste von Texten, die helfen, die mexikanische Tragödie zu verstehen.

Mexiko, sprachlos vor Entsetzen

Nov 8

Die Mörder erschossen ihre Opfer auf einer Müllkippe. Manche waren da schon tot, erstickt in den Fahrzeugen, in denen sie gebracht worden waren. Sie schichteten die Toten auf wie Feuerholz, übergossen die Leichen mit Benzin und zündeten sie an. Der Scheiterhaufen brannte 14 Stunden lang: die ganze Nacht durch und bis zum Nachmittag des folgenden Tages, geschürt durch Brennholz, Plastik und Autoreifen. Angeblich bemerkte niemand irgend etwas, doch das Feuer muss weithin geleuchtet und eine gewaltige Rauchsäule verursacht haben.

Als die Flammen erloschen und die Asche erkaltet waren, zerbrachen die Mörder die übrig gebliebenen Knochen und steckten die Überreste in Plastiksäcke, die man später am Rand eines Bachs fand. So sehr verbrannt waren die Leichen, dass Zähne, die mit den Überresten gefunden wurden, bei der leisesten Berührung zu feinem Staub zerfielen.

So beschreibt die spanische Tageszeitung El Mundo das Ende der 43 vermissten Studenten von Iguala.