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Wer weniger Macht hat, verliert

Mai 1

Was macht ein gutes Leben aus? Status im Beruf, genügend Geld für eine schöne Wohnung und regelmäßige Urlaubsreisen? Die Möglichkeit zur Selbstentfaltung oder zum Engagement für andere?  Die eigene Gesundheit, das Wohlergehen von Familie, Nachbarn und Freunden?

Die indigenen Wayúu im Nordosten Kolumbiens brauchen nicht viel materiellen Besitz, um ein aus ihrer Sicht gutes Leben zu führen – aber sie bestehen auf grundlegenden Dingen, die eine kapitalistische Gesellschaft ihnen nicht zu gewähren bereit ist. Auf einen Fluss, um zu fischen. Land, um es zu bebauen; Wasser, um die Felder zu bewässern; und auf einen Wald, um zu jagen und essbare Pflanzen zu sammeln. Doch ihre Heimat befindet sich auf großen Steinkohlereserven. Und die kolumbianische Regierung versteht den Abbau der Kohle – vor allem auch für deutsche Kunden – als wesentliche Antriebskraft für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes.

Es ist ein Konflikt zwischen zwei Weltanschauungen. Wie er ausgeht, ist auch den Bewohnern der deutschen Braunkohlereviere klar.

Drummond schlägt zurück

Apr 22

Sind die Chefs des US-Kohlekonzerns Drummond verantwortlich für Morde und andere Gewalttaten in Kolumbien? Im vergangenen Herbst präsentierte die niederländische Organisation Pax (ehemals Pax Christi) einen Report mit starken Hinweisen darauf. Bürgerkriegsopfer und Menschenrechtsanwälte erhoben ähnliche Vorwürfe; sie hatten den Konzern deshalb in Alabama verklagt. Jetzt geht Drummond in die Gegenoffensive.

Kolumbien ist weit; doch die Verbindung zwischen Drummond und den deutschen Stromverbrauchern ist eine kurze. Der Konzern ist einer der drei großen kolumbianischen Kohleförderer. Die liefern ihre Kohle vor allem nach Europa, und Deutschland ist, neben den Niederlanden und Großbritannien, ein wichtiger Kunde.

40 Prozent des peruanischen Lands werden umgegraben, aufgebohrt und gerodet

Okt 30

Man nennt sie auch frontier markets, Grenzmärkte. Gemeint sind Länder, in denen die Rahmenbedingungen für Investoren nicht so sicher sind wie in den Industrieländern, die aber mindestens so stabil sind, dass sie Geschäfte erlauben. Frontier markets sind Entwicklungsländer, die den Status eines Schwellenlands noch nicht erreicht haben.

Der Begriff klingt ein wenig nach Wildem Westen, und vermutlich ist das kein Zufall. Tatsächlich werden in vielen frontier markets Geschäfte oft ohne Rücksicht auf die lokalen Einwohner abgeschlossen, und die Rechte ortsansässiger indigener Gemeinschaften scheinen besonders wenig ernst genommen zu werden.

Das gestohlene Gold des Chocó

Aug 30

Die kolumbianische Pazifikküste gehört zu den artenreichsten Regionen der Welt. Von der Grenze zu Panama im Norden bis hinein nach Ecuador im Süden erstreckt sich die Bioregion des Chocó – nicht zu verwechseln mit dem kleineren kolumbianischen Departement gleichen Namens, das fast komplett in der Bioregion liegt. Hier wächst dichter, undurchdringlicher Regenwald. Es herrscht eine tropische Hitze, und angeblich befindet sich im Chocó der regenreichste Ort der Erde: Lloró, wo im Jahr geschätzt mehr als 13.000 Liter pro Quadratmeter Niederschlag fallen. In Deutschland sind es ungefähr 700 Liter jährlich.

Im Chocó kann man Wale beobachten; hier leben Schildkröten, Affen, Jaguare, Faultiere und Giftkröten, und angeblich gibt es Hunderte verschiedener Vogel- und Tausende von Pflanzenarten. Ein großerTeil von ihnen soll nur in dieser Region vorkommen, nirgendwo sonst.

Leider ist der Chocó aber auch reich an Bodenschätzen, und in seinen Wäldern finden sich wertvolle Hölzer. Nicht der Staat beherrscht die Gegend, sondern illegale bewaffnete Gruppen: ehemalige Paramilitärs, Guerrilla-Organisationen und Drogenbanden. Sie beuten die Schätze der kolumbianischen Pazifikregion rücksichtslos aus. Vor allem der Goldbergbau ist ein Problem. Ein Teil der Lagerstätten wird von multinationalen Konzernen abgebaut, aber der größte Teil der Goldminen in der Gegend wird ohne staatliche Genehmigung betrieben.

Früher hieß das: Die Bewohner der Gegend, meist Afrokolumbianer, wuschen in den Flüssen des Chocó Gold, um zu überleben. Eine Lizenz vom Staat besaßen sie nicht. Ihre traditionelle Form des Goldabbaus gibt es immer noch (und die New York Times zeigt hier tolle Fotos davon). Aber wer heute von illegalen Minen spricht, meint die Mafia, die mit Baggern, Quecksilber und Zyanid anrückt, um das Gold aus der Erde zu holen – ohne irgendeine Rücksicht auf die Umwelt und die Menschen, die in den umliegenden Siedlungen leben. Die Mafia verseucht Flüsse und Böden, sie nimmt den Menschen ihre Lebensgrundlage, und wer ihr in die Quere kommt, wird vertrieben oder umgebracht.

Kohle für Deutschland, Tote in Kolumbien

Jul 12

Als die beiden Kohlekonzerne Drummond (ein Familienunternehmen aus den USA) und Prodeco (eine Tochter des Schweizer Multis Glencore) in den neunziger Jahren im kolumbianischen Departement Cesar ankamen, war der Bürgerkrieg schon da. Im Cesar befinden sich einige der größten Kohle-Tagebaue Kolumbiens. Ein großer Teil der hiesigen Produktion ist für deutsche Stromversorger bestimmt.

Anfang der Neunziger beherrschte die Guerilla das Gebiet. Die Bergbauunternehmen wollten ihre Kohlegruben, Eisenbahnschienen und Mitarbeiter vor Anschlägen oder Entführungen bewahren. Doch offenbar verließen sie sich in ihrem Streben nach Schutz nicht nur auf die Dienste der kolumbianischen Armee und der Polizei.

Kolumbiens Gold

Mai 3

Für Kolumbien-Reisende, die in der Hauptstadt Station machen, ist ein Besuch im Museo de Oro quasi Pflicht. Das Goldmuseum soll die größte Sammlung präkolumbischer Gold-, Silber-, Platin- und Tumbago-Gegenstände weltweit besitzen: rund 35.000 Objekte insgesamt. Vier davon gibt es nun auch hier zu sehen.

Gold wird in Lateinamerika seit Tausenden von Jahren gefördert und bearbeitet. Das älteste bisher bekannte Stück, eine goldene Halskette, ist ungefähr 4.000 Jahre alt und stammt aus dem heutigen Peru, aus der Gegend des Titicacasees. Als die Kette gefertigt wurde, war in England Stonehenge gerade fertig geworden, und in Ägypten bauten sie noch an den Pyramiden. Dort, wo sich heute Kolumbien befindet, begann man viel später mit der Goldbearbeitung: ungefähr 500 vor Christus. Rom war da schon 250 Jahre alt.

Glaubt man den Historikern des Goldmuseums von Bogotá, entwickelten die Goldschmiede, die im heutigen Kolumbien ansässig waren, eine besondere Kunstfertigkeit.

Goldener Brustschmuck aus der Ausstellung des Museo de Oro

Goldener Brustschmuck aus der Ausstellung des Museo de Oro

Wer ernährt die Welt?

Apr 27

In Zukunft könnte ein großer Teil unserer Nahrung aus Lateinamerika kommen – zumindest, wenn man der Interamerikanischen Entwicklungsbank (IDB) glaubt. Deren Experten beschreiben in einem neuen Report die bislang ungenutzten Potenziale der Region. „The Next Global Breadbasket. How Latin America Can Feed the World“ heißt das Werk.

Das Problem, mit dem sich die IDB hier beschäftigt, ist bekanntermaßen groß: Knapp 830 Millionen Menschen weltweit haben nicht genug zu essen, wie aus den Erklärungen der Welternährungsorganisation FAO hervorgeht. Immerhin: Das sind viel weniger als noch vor einigen Jahren, obwohl die Weltbevölkerung stetig wächst. Aber der Fortschritt ist viel geringer als erhofft. Eigentlich war es das Ziel der Vereinten Nationen, die Zahl der Hungernden von 1990 bis 2015 zu halbieren. Geschafft hat man nur ein Minus von 17 Prozent.

Willkommen!

Apr 18

Hallo Welt! Und herzlich willkommen zu meinem Lateinamerika-Blog. Der Titel ist Programm: Latinario ist eine Mischung aus den spanischen Wörtern für Lateinamerika und Tagebuch oder Zeitung (diario). Streng genommen bedeutet diario auch täglich. Meine Notizen werden aber unregelmäßig erscheinen.

Lateinamerika begleitet mich schon lange – mehr dazu hier. Das Foto im Kopf des Blogs entstand Ende Mai 2010 in der Lithium-Produktion in der chilenischen Atacama-Wüste. Dort verdampft Wasser in riesigen Becken. Übrig bleiben Salze, unter anderem Lithium, das man unter anderem für Batterien braucht. Der Arbeiter auf dem Foto kontrollierte eines der Becken.