• Archive: Kunst & Kultur

Wer weniger Macht hat, verliert

Mai 1

Was macht ein gutes Leben aus? Status im Beruf, genügend Geld für eine schöne Wohnung und regelmäßige Urlaubsreisen? Die Möglichkeit zur Selbstentfaltung oder zum Engagement für andere?  Die eigene Gesundheit, das Wohlergehen von Familie, Nachbarn und Freunden?

Die indigenen Wayúu im Nordosten Kolumbiens brauchen nicht viel materiellen Besitz, um ein aus ihrer Sicht gutes Leben zu führen – aber sie bestehen auf grundlegenden Dingen, die eine kapitalistische Gesellschaft ihnen nicht zu gewähren bereit ist. Auf einen Fluss, um zu fischen. Land, um es zu bebauen; Wasser, um die Felder zu bewässern; und auf einen Wald, um zu jagen und essbare Pflanzen zu sammeln. Doch ihre Heimat befindet sich auf großen Steinkohlereserven. Und die kolumbianische Regierung versteht den Abbau der Kohle – vor allem auch für deutsche Kunden – als wesentliche Antriebskraft für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes.

Es ist ein Konflikt zwischen zwei Weltanschauungen. Wie er ausgeht, ist auch den Bewohnern der deutschen Braunkohlereviere klar.

Die schöne Menschenliebe

Mrz 2

Zwischen dem Lärm und der Stille liegen sieben Stunden Taxifahrt. So schreibt es Lyonel Trouillot. Der Lärm, das sei Port-au-Prince. Nur wer schon beim Aufwachen den Kampf aufnehme, habe in Haitis Hauptstadt die Chance auf ein Leben. Der Schriftsteller muss es wissen; er lebt in Port-au-Prince. „Brot muss erjagt werden, wie Wild, und da es nicht genug für alle gibt, hat der Lärm die Hoffnung ersetzt“, heißt es in seinem Roman Die schöne Menschenliebe.

Die Stille, das ist ein imaginäres Dorf an der Küste. In Trouillots Roman bringt der Taxifahrer Thomas die junge Anaïse dorthin.

Ärger um Greenpeace-Aktion in Nazca

Dez 12

Die Umweltschützer von Greenpeace sind bekannt für spektakuläre Aktionen – auch auf Klimagipfeln. Vergangenen Montag betraten mehrere Aktivisten, darunter Deutsche, das Terrain der berühmten Linien von Nazca. Wer aus der Luft auf die Linien schaut, erkennt dort riesige Bilder. Das bekannteste zeigt einen Kolibri. Die Zeichnungen sind einige Jahrhunderte vor Christi Geburt entstanden, die Unesco hat sie zum Weltkulturerbe erklärt.

Direkt neben dem Kolibri breiteten die Greenpeace-Aktivisten Buchstaben im Sand aus, mit denen sie mehr Klimaschutz forderten. „Time for Change! The Future is Renewable„, stand da. Jetzt ist die peruanische Regierung in Aufruhr – und das nicht wegen des umweltpolitischen Gehalts der Botschaft.

Die Trommler von La Boquilla

Okt 16

Wer als Tourist nach Kolumbien fährt, wird auch die alte Hafenstadt Cartagena de Indias in der Karibik besuchen. In Cartagena gibt es eine weitgehend intakte koloniale Altstadt, tolle Strände und direkt am Meer neue Bauten, die aussehen, als stünden sie in Miami.

Cartagena

Das gestohlene Gold des Chocó

Aug 30

Die kolumbianische Pazifikküste gehört zu den artenreichsten Regionen der Welt. Von der Grenze zu Panama im Norden bis hinein nach Ecuador im Süden erstreckt sich die Bioregion des Chocó – nicht zu verwechseln mit dem kleineren kolumbianischen Departement gleichen Namens, das fast komplett in der Bioregion liegt. Hier wächst dichter, undurchdringlicher Regenwald. Es herrscht eine tropische Hitze, und angeblich befindet sich im Chocó der regenreichste Ort der Erde: Lloró, wo im Jahr geschätzt mehr als 13.000 Liter pro Quadratmeter Niederschlag fallen. In Deutschland sind es ungefähr 700 Liter jährlich.

Im Chocó kann man Wale beobachten; hier leben Schildkröten, Affen, Jaguare, Faultiere und Giftkröten, und angeblich gibt es Hunderte verschiedener Vogel- und Tausende von Pflanzenarten. Ein großerTeil von ihnen soll nur in dieser Region vorkommen, nirgendwo sonst.

Leider ist der Chocó aber auch reich an Bodenschätzen, und in seinen Wäldern finden sich wertvolle Hölzer. Nicht der Staat beherrscht die Gegend, sondern illegale bewaffnete Gruppen: ehemalige Paramilitärs, Guerrilla-Organisationen und Drogenbanden. Sie beuten die Schätze der kolumbianischen Pazifikregion rücksichtslos aus. Vor allem der Goldbergbau ist ein Problem. Ein Teil der Lagerstätten wird von multinationalen Konzernen abgebaut, aber der größte Teil der Goldminen in der Gegend wird ohne staatliche Genehmigung betrieben.

Früher hieß das: Die Bewohner der Gegend, meist Afrokolumbianer, wuschen in den Flüssen des Chocó Gold, um zu überleben. Eine Lizenz vom Staat besaßen sie nicht. Ihre traditionelle Form des Goldabbaus gibt es immer noch (und die New York Times zeigt hier tolle Fotos davon). Aber wer heute von illegalen Minen spricht, meint die Mafia, die mit Baggern, Quecksilber und Zyanid anrückt, um das Gold aus der Erde zu holen – ohne irgendeine Rücksicht auf die Umwelt und die Menschen, die in den umliegenden Siedlungen leben. Die Mafia verseucht Flüsse und Böden, sie nimmt den Menschen ihre Lebensgrundlage, und wer ihr in die Quere kommt, wird vertrieben oder umgebracht.

Das Rätsel von San Agustín

Aug 9

San AgustínMan weiß nicht viel über die Kultur von San Agustín. Vielleicht war es nur ein Volk, vielleicht waren es mehrere, die in den südkolumbianischen Anden ihre riesenhaften Steinskulpturen hinterlassen haben. Die Figuren gehören heute zum Unesco-Weltkulturerbe, und seit ein paar Jahren, seit die Farc-Guerilla die Gegend nicht mehr völlig unter Kontrolle hat, kann man die archäologischen Fundstätten von San Agustín sogar bereisen.

Mich hatte das Reisebüro nach Neiva geschickt, mit dem Flugzeug nur einen Hüpfer von Bogotá entfernt. Der Transfer von dort nach San Agustín würde nur zwei, drei Stunden dauern, hatte man mir versichert. Am Ende waren es mehr als fünf. Die Straße zwischen Neiva und San Agustín ist eng und kurvig, und sie wird von ganz besonders vielen Tanklastwagen befahren, die Erdöl zur Küste bringen sollen. Die praktische Erkenntnis daraus: Wer San Agustín besuchen will und mit dem Flugzeug anreist, sollte überlegen, nach Pitalito zu fliegen. Die Verbindungen dorthin sind zwar nicht so gut, aber die Stadt liegt deutlich näher an den archäologischen Fundstätten.

Eine Woche für die Verschwundenen

Jun 4

In den Jahrzehnten des Konflikts sind in Kolumbien Zehntausende Menschen verschwunden. Oder vielmehr: Man hat sie verschwinden lassen. „Desaparecer“, verschwinden, ist im lateinamerikanischen Spanisch nichts, was einfach so passiert. Es ist ein Gewaltakt, ein Verbrechen, das man einem anderen Menschen antut.