Heute nachmittag lief in der Redaktion von El Tiempo eine überraschende Meldung über den Ticker: FARC und kolumbianische Regierung einigten sich in ihren Friedensgesprächen auf Kuba unerwartet früh auf ein Abkommen zur Drogenwirtschaft. Damit ist ein weiterer wichtiger Teil der Verhandlungen abgehakt. Eigentlich war geplant, die Gespräche zu diesem Punkt erst am 22. Mai abzuschließen – dass es nun schneller ging, liegt möglicherweise an den nahenden Präsidentschaftswahlen.
Damit sind jetzt drei von fünf Punkten auf der Agenda beschlossen: eine Agrarreform, die politischen Partizipationsrechte der Guerilla als – künftig legale – Opposition, und der Umgang mit dem Drogengeschäft.
Unter anderem beschlossen FARC und Regierung, dass Kokafelder auch in Zukunft zerstört werden sollen. Allerdings grundsätzlich nicht mit Pestiziden, sondern mechanisch, so wie es die Guerilla verlangt hat. *
Die International Crisis Group (ICG) in Bogotá sieht die Einigung als wichtigen Schritt zu einem Friedensvertrag. Mittlerweile seien die Verhandlungen so weit fortgeschritten, dass es weder für die FARC noch für die Regierung einen Weg zurück gebe, sagte ICG-Experte Christian Voelkel der Agentur AFP. „Mit jedem Thema, über das man sich einigt, entstehen neue Verknüpfungen.“ Zum Beispiel hingen die Agrarreform und die Drogenwirtschaft untrennbar miteinander zusammen. Wenn es zu beiden nun einen Beschluss gebe, festige das den Verhandlungserfolg.
*Update vom 17. Mai: Ein paar Details des Abkommens, wie sie heute von der regierungsnahen Tageszeitung El Tiempo berichtet wurden (ja, genau die, bei er ich arbeite):
- Die FARC gibt zum ersten Mal seit Jahrzehnten zwischen den Zeilen zu, ins Drogengeschäft verwickelt zu sein. Sie verspricht, jedwede Verbindung zu beenden, die „zum Zweck der Rebellion bestanden haben könnte“.
- Der Text, auf den sich beide Parteien geeinigt haben, besagt: Ein dauerhafter Friede ist nicht möglich, wenn nicht die Zusammenhänge zwischen Konflikt und Drogengeschäft aufgeklärt werden, die Geldwäsche eingeschlossen.
- Die Regierung verpflichtet sich, den Schwerpunkt ihrer Antidrogenpolitik künftig nicht mehr auf die Zerstörung der Kokafelder zu legen. Statt dessen will sie den Kokabauern Alternativen anbieten.
- Die Guerilla hat verlangt, dass der Staat künftig völlig auf die umstrittene Zerstörung der Felder durch Pestizide verzichtet. Die Regierung behält sich das aber für Extremfälle vor, anders als gestern von den Agenturen berichtet wurde.
- Die Farc verpflichtet sich, den Behörden zu zeigen, wo sich die von ihr verlegten Antipersonenminen befinden. Die Minen sollen die Kokafelder bisher vor Zerstörung schützen. Auch andere bewaffnete Gruppen haben Antipersonenminen im Land verteilt. El Tiempo zufolge sind in den vergangenen 20 Jahren mehr als 2.000 Personen durch Minen gestorben, und mehr als 8.000 haben Gliedmaßen verloren. Fast alle waren Bauern.
- Die Gesetze gegen Geldwäsche sollen verschärft werden.
- Ein paar Reaktionen: Präsident Santos lobt natürlich den Erfolg. Er sagt, man habe nun schon so viel erreicht, dass ein Ausstieg aus dem Friedensprozess kaum noch möglich sei.
- Seine Gegenkandidaten werfen ihm vor, das Abkommen zu instrumentalisieren. In wenigen Tagen wählen die Kolumbianer einen neuen Präsidenten.
- Die Vereinten Nationen erwarten, dass die Einigung zwischen FARC und Kolumbiens Regierung den Drogenmarkt weltweit beeinflusst. Die Guerilla war bisher ein wichtiger Produzent.